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Zwang, Unrecht und Leid darf es in keiner Einrichtung geben

Zu TOP 23 – Dokumentation der Aufarbeitung des Themas Leid und Unrecht – der heutigen Landtagssitzung sagt die sozialpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Marret Bohn:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Menschen, die in stationären Einrichtungen leben, haben ein Anrecht auf Unterstützung, Förderung und Schutz. Die Realität ist leider viel zu oft eine andere gewesen. Darüber haben wir schon mehrfach gesprochen. Viel zu viele Kinder und Jugendliche mussten erfahren, dass sie ausgeliefert sind. Sie wurden misshandelt. Sie erhielten Medikamente – zu Testzwecken, nicht zu ihrem eigenen Wohl. Das ist ungeheuerlich. Das ist Unrecht mit Vorsatz. Das ist das Gegenteil von dem, was diese Einrichtungen hätten tun sollen! Zwang, Unrecht und Leid darf es in keiner Einrichtung geben.

Wir alle sind uns einig, dass wir politische Verantwortung übernehmen, dass diese Untaten aufgearbeitet werden müssen, dass wir erlittenes Unrecht entschädigen wollen.

Weil uns das so wichtig ist, haben wir in Schleswig-Holstein viele Schritte unternommen. Landtag und Sozialausschuss haben sich intensiv und in mehreren Sitzungen mit dem Thema „Leid und Unrecht in Einrichtungen“ auseinandergesetzt. Landtag, Sozialausschuss und Sozialministerium haben gemeinsame Veranstaltungen durchgeführt und den betroffenen Menschen einen öffentlichen Raum gegeben.

Eine wissenschaftliche Untersuchung wurde an der Universität zu Lübeck in Auftrag gegeben. Ihre Ergebnisse liegen vor und sind erschreckend. Es gibt einen unabhängigen Beauftragten. Der seit April 2017 bestehende Regionale Fachbeirat tagt regelmäßig. Die Anlauf- und Beratungsstelle beim Landesamt für soziale Dienste wurde eingerichtet und unterstützt betroffene Personen. Ein „Praxispreis für Innovation und fortschrittliches Engagement“ wurde initiiert und erstmalig in 2020 verliehenen. Er wird zukünftig alle zwei Jahre vergeben.

Zu guter Letzt und ganz wichtig: Wir bringen einen Opferhilfefonds Schleswig-Holstein auf den Weg, aus dem Landesgelder beantragt werden können.

Damit all die genannten Schritte und ihre Ergebnisse nachvollzogen werden können, sollen sie dokumentiert werden – analog und digital. Das ist eine gute Möglichkeit, das Thema der Öffentlichkeit nahe zu bringen. Und es ist hilfreich für die betroffenen Menschen.

Diejenigen, die bisher keine Leistung erhalten aber gleichermaßen Unrecht haben erleiden mussten, dürfen nicht leer ausgehen. Das ist ein Gebot der Gerechtigkeit. Das ist mir persönlich ganz wichtig. Das setzen wir mit dem Opferhilfsfonds Schleswig-Holstein um. Ich freue mich, dass wir uns in der Jamaika-Koalition darüber verständigen konnten, dass Schleswig-Holstein 6,2 Millionen Euro für Entschädigungsleistungen zur Verfügung stellt. Es ist ein Signal und ein Bekenntnis zur Verantwortung. Es ist das, was möglich ist. Ich bedanke mich bei allen, die geholfen haben, dass wir dies erreichen konnten.

(Rede zu Protokoll gegeben.)

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