Zu TOP 15 (Finanzielle Belastung durch die Coronakrise beim Rentenniveau berücksichtigen) sagt die sozialpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Marret Bohn:
Sehr geehrte Damen und Herren,
der SSW möchte die Rentenentwicklung für das Jahr 2021 von der Lohnentwicklung abkoppeln. Ziel ist, dass Rentner*innen auch in diesem Jahr eine angemessene Rentensteigerung erhalten. Das hört sich gut und richtig an.
Senior*innen sind von der Corona-Pandemie ganz besonders betroffen. Sie gehören aufgrund ihres Alters und viele zusätzlich wegen chronischer Grunderkrankungen zu den vulnerablen Gruppen. Die besonderen Schutzmaßnahmen wie Kontaktbeschränkungen sind gerade für sie wichtig. Aber sie treffen ältere Menschen auch ganz besonders.
Einsamkeit und Isolation sind ein Problem vieler alter Menschen – auch ohne Pandemie. Durch Corona spitzt sich die Situation zu. Kinder und Enkel kommen aus Vorsicht nicht mehr zu Besuch. Soziale Treffpunkte und Ausflugsfahrten finden nicht mehr statt. Einige nehmen Arzttermine und andere wichtige Therapien aus Angst vor Ansteckung nicht wahr. Der Einkauf im Supermarkt ist nicht für jeden möglich. Lieferdienst und „Essen auf Räder“-Mitarbeiter*innen haben weniger Zeit und bleiben auf Abstand.
Und die digitalen Alternativen zum realen sozialen Leben? Die mag nicht jede*r nutzen. Sie kann nicht jede*r nutzen. Ganz zu schweigen von denjenigen, die nicht die finanziellen Mittel für die entsprechende Hardware haben. Die durchschnittliche Rente von Männern liegt aktuell bei 982 Euro. Bei Frauen sind es unfassbare 425 Euro weniger, nämlich nur 557 Euro. Das ist eine Lücke von satten 35 Prozent.
Wie soll frau mit diesem Geld im Monat zurechtkommen? Das geht eigentlich gar nicht. Ja, es gibt den Anspruch, mit Grundsicherung aufzustocken. Aber aus Scham nehmen das viele nicht in Anspruch. Das ist ein wichtiges Argument dafür, eine Basisabsicherung wie die Grüne Garantierente einzuführen. Aber das ist eine andere Diskussion.
Wegen Corona fallen viele wichtige Unterstützungsangebote für einkommensarme Menschen weg. Oder sie können nur im eingeschränkten Betrieb arbeiten. Zum Beispiel die Tafeln. Auch aus diesen Gründen spitzt sich die Situation von älteren Menschen mit geringer Rente zu.
Zusätzlich müssen Masken angeschafft werden. Auch der Wunsch, verstärkt auf Hygiene zu achten und zum Beispiel Desinfektionsmittel zu kaufen, kostet Geld. Das ist eine schwierige Situation und natürlich muss hier Abhilfe geschaffen werden. Ein kleiner Baustein sind die kostenlosen Masken, die der Bund zur Verfügung stellt. Allein reicht das allerdings bei weitem nicht aus. Was können wir tun?
Die zentrale Frage des vorliegenden Antrages ist, ob eine Aussetzung der Kopplung der Renten an die Lohnentwicklung der richtige Weg ist. Um diese Frage zu klären, werden wir den Antrag des SSW in den Sozialausschuss überweisen. Ich freue mich auf diese spannende Diskussion.
Die Formel für die Rentenanpassung ist kompliziert. Grundlage ist immer die Lohnentwicklung aus dem Vorjahr. Für die Rente 2021 also das Jahr 2020. Das war das erste Corona-Jahr mit Arbeitsplatzverlusten und jeder Menge Kurzarbeit, also schlechter Lohnentwicklung.
Im Jahr 2020 sind die Renten gestiegen, obwohl die Löhne im Durchschnitt rückläufig waren. Denn die Rentenformel stellt sicher, dass es nicht zu einer Absenkung kommen kann. Auch im Jahr 2021 werden die Renten nicht sinken. Grund ist die sogenannte Rentengarantie. Sie hält den Nominalwert der Renten bei einer negativen Arbeitsmarktentwicklung stabil.
Gäbe es die Rentengarantie nicht, müssten die Renten 2021 eigentlich fallen. Aber das werden sie nicht. Die Renten werden auch in den Corona-Jahren steigen, allerdings in geringerem Ausmaß als ohne Corona. Trotzdem brauchen wir Hilfe und Unterstützung für Menschen die in Armut leben. Ganz besonders in der Pandemie.
(Es gilt das gesprochene Wort)
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